Ein Gebot der Menschlichkeit

Statement der Pulheimer Grünen zur derzeitigen Flüchtlingssituation

Von Thomas Roth, Fraktionssprecher

Die Flüchtlingskrise hat unsere ganze Nation im letzten halben Jahr im Griff gehabt. Und wir werden auch in den nächsten Monaten mit der Einreise einer Vielzahl von Menschen aus anderen Ländern konfrontiert sein. Das werden weder die Pulheimer Ratsmitglieder noch die Pulheimer Stadtverwaltung ändern können.

Die Flüchtlingsproblematik ist ein internationales Problem, mit dem wir hier in Pulheim nur umgehen können. Dabei geht es einerseits darum, den Interessen der hier schon lebenden Menschen gerecht zu werden. Andererseits geht es aber auch darum, den Menschen eine Bleibe, eine Unterkunft und vielleicht auch eine Zukunftsperspektive zu bieten, die aus ihrer Heimat vor Krieg, Vergewaltigung, Mord, Zerstörung und schweren körperlichen und seelischen Verletzungen fliehen.

Wir halten das für unsere moralische Pflicht. Dabei haben wir unterschiedliche Gründe, uns insoweit verpflichtet zu fühlen. Der eine handelt aus christlicher Nächstenliebe, die andere mag es aus Respekt vor unserer Verfassung tun, wieder andere können sich noch an Flucht und Vertreibung während 2. Weltkriegs und danach erinnern. Der Beweggründe gibt es viele bei uns. Doch uns eint das Gebot der Menschlichkeit und der Wille, alles Menschenmögliche zu tun, um diesen Menschen zu helfen.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es uns hier in Deutschland deutlich besser geht als den Menschen in den Ländern, aus denen sie fliehen. Einige vertreten sogar die Auffassung, dass „der Westen“ nicht ganz unschuldig an den Konflikten in der Heimat der Flüchtlinge ist.

Jede und jeder hat seine eigene Haltung zur aktuellen Situation und zum Umgang mit den zu uns fliehenden Menschen. Wir verkennen nicht, dass es unter ihnen sicherlich auch kriminelle Menschen gibt und solche, die nicht bereit sind, unsere freiheitlichen Grundrechte zu akzeptieren. Doch unsere Erfahrungen hier vor Ort lehren, dass dies eine extreme Minderheit ist. Daran ändert auch die Wahrnehmung der Ereignisse an Silvester nichts.

Die Unterbringung von Flüchtlingen stellt für uns alle eine große Herausforderung dar. Wir werden alle Möglichkeiten prüfen, und die Verwaltung hat dies mit vielen Standorten ohnehin schon getan. Doch echte Alternativen stellen diese Standorte aus unserer Sicht nicht dar, sondern allenfalls Ergänzungen.

Vor diesem Problem stehen wir in Pulheim leider alle, die Ratsmitglieder, die Stadtverwaltung, die ehrenamtlich Tätigen, die Kirchen, die Vereine und letztlich sämtliche Einwohner. Es gibt nämlich keine wirklichen Alternativen, sondern allenfalls ergänzende Lösungen. Zurzeit erreichen Pulheim ca. 30 – 40 Menschen wöchentlich. Es können bis zur Jahresmitte 1.500 Menschen oder mehr werden, die in Pulheim untergebracht werden müssen. Es ist klar, dass wir diese Menschen nicht an einem einzigen Ort unterbringen.

Es ist aber auch klar, dass wir unsere frühere dezentrale Unterbringung in Gruppen von 30 – 50 Personen nicht fortführen können. Selbst wenn wir „nur“ Unterkünfte von je 150 Personen zur Verfügung stellen würden, benötigen wir ca. 10 Standorte in ganz Pulheim. Und auch wenn sich die Unterkunft in Brauweiler für 250 Personen realisieren ließe, würden uns immer noch 5 weitere Standorte gleicher Größenordnung fehlen.

Und würden nur noch Unterkünfte von je 50 Personen errichtet, bräuchten wir 30 Standorte.

Leider stehen solche Flächen in unserer Stadt nicht einfach so zur Verfügung. Im Gegenteil verfügt die Stadt über zu wenig Grundstücke, um die nötige Unterbringung sicher zu stellen. Daher werden alle Menschen in unserer Stadt mit der Unterbringung von Menschen aus anderen Ländern und Kulturen konfrontiert sein. Das werden wir hier in Pulheim nicht ändern können. Wir versuchen, die Belastungen für die unmittelbaren Anwohnerinnen und Anwohner zu reduzieren. Aber letztlich sind wir alle durch diese Ausnahmesituation belastet.

Die Ängste und Sorgen der Pulheimer Bevölkerung können wir durchaus nachvollziehen. Leider können wir sie ihr nicht nehmen. Wir müssen lernen, damit umzugehen. Doch statt Mauern zu errichten, gilt es, Mauern einzureißen und offen und ehrlich auf unsere neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger zuzugehen. Dafür werben wir, auch wenn das sicherlich nicht konfliktfrei gehen wird.