Grüne schalten Kommunalaufsicht ein

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Rat der Stadt Pulheim hat am 02.12.2010 einen rechtswidrigen Beschluss gefasst. Wir bitten kommunalaufsichtlich einzuschreiten.

In dieser Sitzung hat der Rat zunächst folgenden Beschluss gefasst:

Der Rat entspricht dem Bürgerbegehren nicht.
Bei dem nach § 26 (6) GO NRW durchzuführenden Bürgerentscheid wird die Frage „Soll die Stadt Pulheim eine Gesamtschule einrichten?“ zur Abstimmung gestellt.
Der Rat setzt als Tag der Durchführung des Bürgerentscheids Sonntag, den 27.02.2011 fest.

Im Anschluss daran hat der Rat sodann einen gemeinsamen Antrag von CDU- und SPD-Fraktion beschlossen, in dem es u.a. heißt:
Der Rat der Stadt Pulheim unterstützt den Vorschlag der Expertenkommission, die von Prof. Burckhart geleitet wird, zur horizontalen und vertikalen Vernetzung der Bildungslandschaft Pulheim.
Der Bürgermeister und die Verwaltung werden aufgefordert, ein umsetzungsfähiges Konzept mit allen Beteiligten (Schulleitungen, Elternvertreter etc.) unter Begleitung eines externen Moderators zu erarbeiten.

Dieser Beschluss verletzt in mehrfacher Hinsicht geltendes Recht.

1.
In § 26 Abs. 6 Satz 6 GO NRW heißt es:
Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Feststellung des Ergebnisses des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, zu diesem Zeitpunkt haben rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu bestanden (Sperrwirkung des zulässigen Bürgerbegehrens).
Der Beschluss steht dem Begehren des Bürgerentscheids entgegen. Das Bürgerbegehren ist darauf gerichtet, in Pulheim eine Gesamtschule zu errichten. Der Vorschlag der Expertenkommission zur Entwicklung der Bildungslandschaft Pulheim ist darauf gerichtet, längeres gemeinsames Lernen in einer neuen Schulform zu ermöglichen. Gedacht ist hierbei an die Gemeinschaftsschule.
Unabhängig von der Frage, ob die Einrichtung einer solchen Gemeinschaftsschule in Pulheim sinnvoll und umsetzbar ist, schränkt dieser Beschluss bereits jetzt das Begehren des Bürgerentscheids ein. Denn dieser Beschluss zwingt dazu, erste Fakten in Richtung der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule zu schaffen. Und diese Fakten könnten der Einrichtung einer Gesamtschule entgegenstehen, falls der Bürgerentscheid zu Gunsten einer Gesamtschule ausfällt.

Damit verletzt der Beschluss geltendes Recht.

2.
Zudem ist der Beschluss unter Verletzung der Ladungs- und Bekanntmachungsfristen zustande gekommen.
Der CDU-/SPD-Antrag wurde als Tischvorlage den Ratsmitgliedern zur Verfügung gestellt.
Anträge, die unmittelbar dem Rat vorgelegt werden müssen, sind jedoch gem. § 14 (2) der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Pulheim (GO Pulheim) unter Beachtung der in § 3 (2) genannten Fristen dem Bürgermeister einzureichen. Gem. § 3 (2) GO Pulheim sind sie rechtzeitig, wenn sie bis spätestens 12 Uhr am 19. Tag vor dem Sitzungstag beim Bürgermeister schriftlich vorgelegt werden.
Das ist nicht geschehen. Daher hätte der Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung gehört.
Der Antrag ist auch keinesfalls dringlich. Und selbst dann hätte er gem. § 3 (2) GO Pulheim bis spätestens 12 Uhr am 9. Tag vor dem Sitzungstag eingereicht werden müssen.
Schließlich handelt es sich auch nicht um einen Änderungs- oder Zusatzantrag im Sinne des § 14 (4) GO Pulheim. Auf der Tagesordnung/Einladung zur Sitzung am 02.12.2010 heißt es:

TOP 2: Bürgerbegehren bzgl. der Einrichtung einer Gesamtschule in Pulheim
Zulässigkeit und weiteres Verfahren
Der Antrag zur Unterstützung des Vorschlags der Expertenkommission und zur Aufforderung an Bürgermeister und Verwaltung, ein bestimmtes Konzept zu erarbeiten, ist kein Zusatzantrag oder Ergänzungsantrag. Er ist auf etwas Anderes gerichtet, juristisch ausgedrückt: auf ein Aliud. Damit muss der Antrag die Fristen der Geschäftsordnung einhalten. Das ist nicht geschehen. Daher hätte über diesen Antrag am 02.12.2010 nicht beschlossen werden dürfen.
Wir bitten um schnellstmögliches Handeln, weil der Rat der Stadt Pulheim beabsichtigt, in seiner Sitzung am 21.12.2010 weitere Beschlüsse zu fassen, die dem Bürgerentscheid ggf. entgegenstehen.

Mit freundlichen Grüßen

f.d.R. Renate Thiel

gez. Thomas Roth