Antrag: Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft auf kommunalen Flächen in der Stadt Pulheim

Herrn Bürgermeister Dr. Karl-August Morisse

Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft auf kommunalen Flächen in der Stadt Pulheim

Sehr geehrter Herr Dr. Morisse,

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt folgenden Antrag:

Die Verwaltung der Stadt Pulheim wird aufgefordert,

1. im Rahmen von Pachtverträgen über landwirtschaftliche Flächen der Kommune den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu verbieten.

2. umgehend öffentliche Dialogveranstaltungen zu initiieren sowie Gespräche mit den landwirtschaftlichen Berufsvertretungen, Anbauverbänden sowie der Agrarwirtschaft aufzunehmen mit dem Ziel, gemeinsam einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, um das unbeabsichtigte Vorhandensein von gentechnisch veränderten Pflanzen in anderen Produkten oder Saatgut zu verhindern;

3. zu prüfen, ob in bestimmten Regionen der Anbau von bestimmten gentechnisch veränderten Kulturpflanzen wie zum Beispiel Raps zu verbieten ist, um die Koexistenz zu gewährleisten;

4. den Verzicht auf den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen in der hiesigen Landwirtschaft insbesondere über das Instrument der freiwilligen Selbstverpflichtung (gentechnikfreie Regionen) durch die in der Kommune tätigen Landwirte und Mitglieder der Bauernverbände zu unterstützen;

5. sich dem europaweiten Netzwerk gentechnikfreier Regionen AER (Assembly of European Regions) anzuschließen, dass von der EU-Kommission fordert, dass die Entscheidung über den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen den Regionen vorbehalten bleiben muss.

Begründung:

Die große Mehrheit der VerbraucherInnen in Deutschland lehnt die Gentechnik auf den Feldern und den Tellern ab. Auch bei den Landwirten bildet sich immer stärkerer Widerstand gegen gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Feldern: Mehr als 22.000 Landwirte in 84 gentechnikfreien Regionen mit mehr als 727.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche haben sich bereits dazu verpflichtet, auf ihren Äckern keine gentechnisch veränderten Pflanzen anzubauen (Stand: Januar 2006). Ebenso arbeiten zahlreiche Qualitätsprogramme ohne den Einsatz von Gentechnik. Auch in Rheinland-Pfalz gibt es bereits gentechnikfreie Regionen wie in Böbingen, im Westerwald oder gentechnikfrei arbeitende Qualitätsprogramme wie die „Dachmarke Eifel“.

Der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft führt nicht zu höheren Erträgen, weniger Pestiziden und mehr Gewinn und Arbeitsplätzen, wie die Agro-Industrie verspricht. Vielmehr bedeutet die gentechnikfreie Produktion von Lebensmitteln, dass dem Willen der VerbraucherInnen Rechnung getragen wird und die Produkte somit einen Absatzmarkt finden. Zudem hat die Praxis in den USA oder Argentinien gezeigt, dass die Landwirte durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zum Teil sogar höhere Kosten hatten und mehr Pestizide statt weniger spritzen mussten. Es werden viel mehr Kontrollen nötig. Das patentgeschützte Saatgut und die dazugehörenden Pestizide müssen teuer gekauft werden, die Bauern werden mehr und mehr abhängig von den Gentechnik-Konzernen, die Landwirtschaft industrialisiert. Die gentechnikfreie Produktion ist ein Marktvorteil für die Landwirte. Nur ohne Agro-Gentechnik hat die Landwirtschaft in Deutschland eine Chance in den Qualitätsmärkten.

Mit der Freisetzung gentechnisch veränderter Lebewesen wird unsere Umwelt, die Artenvielfalt, die Sicherheit der Ernährungsgrundlagen bedroht. Im Gegensatz zur Herstellung von Hilfsstoffen und Enzymen in Bioreaktoren sind diese Freisetzungen lebender gentechnisch veränderter Pflanzen oder Tiere nicht mehr rückholbar, wenn sie Schaden anrichten.

Die neue Regierung hat erstmalig im Dezember 2005 für drei Sorten aus dem gentechnisch veränderten Mais eine Sortenzulassung erteilt. Somit können Landwirte diese gentechnisch veränderten Sorten ab Frühjahr 2006 kommerziell anbauen. In den Jahren zuvor durften Sorten aus MON810 lediglich auf der Basis einer Sondergenehmigung im Rahmen des Sortenschutzgesetzes angebaut werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die große Koalition die Zulassung weiterer Gen-Pflanzen durch die EU-Kommission vorantreiben wird. Die bisherigen rechtlichen Schutzstandards drohen aufgeweicht zu werden.

Deswegen ist es umso wichtiger, dass in den Kommunen die Lebensgrundlagen gewahrt, die Umwelt geschützt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Qualitätsproduktion gewahrt wird. Bislang gibt es nur verschwindend wenig GVO-Anbau in Deutschland. Damit ist die Chance gewahrt, die gentechnikfreie Produktion in Deutschland zu schützen.

Deswegen müssen wir in Pulheim dafür sorgen, dass die gemeindeeigenen Flächen nur an Landwirte verpachtet werden, die sicherstellen, dass sie gentechnikfrei produzieren. Zudem soll die Verwaltung die Landwirte dabei unterstützen, eine gentechnikfreie Region zu gründen.

Mit freundlichem Gruß

gez. Karin Burmeister

f.d.R.

Renate Thiel