Bericht von der Bundesdelegiertenkonferenz in Hannover

Am vergangenen Freitag begann die Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) mit über 800 Delegierten von Bündnis´90/ Die Grünen in Hannover unter dem Motto „Zusammen hält besser“. Die Grünen im Rhein-Erft-Kreis wurden von Ellen Winter, Janina Zensus, Elmar Gillet und Uwe Zaar vertreten .

v.l.n.r: Uwe Zaar, Janina Zensus, Elmar Gillet, Ellen Winter und ein unbenanntes Mitglied.

Nach der erfolgreichen Urwahl der beiden Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin, standen weitere personalpolitische Entscheidungen auf der BDK – dem grünen Parteitag – an. Ein besonderer Fokus lag auf der Wahl der zwei Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir, da Claudia Roth bei der Urwahl mit nur 26% der Stimmen eine herbe Niederlage einstecken musste. Außerdem wurde der Parteirat, das höchste Beschlussgremium der Grünen zwischen den Parteitagen, neu gewählt.

Inhaltlich standen die Themenschwerpunkte der Europa- und Sozialpolitik im Mittelpunkt der BDK.

 

Die Einstimmung auf die folgenden drei Tage begann am Freitagnachmittag traditionell mit den Reden der Parteispitze. Der Parteivorsitzende Cem Özdemir machte mit seiner Rede zur aktuellen polischen Lage den Anfang. Auch der frisch gebackene Oberbürgermeister Stuttgarts, Fritz Kuhn, wurde gefeiert und kam zu Wort.

Es folgte eine Workshopphase mit den Delegierten der BDK zum Themenkomplex Europa. Die Probleme, aber auch die Zukunft der EU wurden in den einzelnen Workshops aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und Lösungswege diskutiert.

 

Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin wurden von den Delegierten begeistert gefeiert. Bei den politischen Reden des Spitzenduos wurde deutlich, weshalb sich beide so hervorragend ergänzen. Katrin Göring-Eckardt schlug eher ruhigere Töne an, fand aber deutliche Worte zur schwachen Bundesregierung unter Angela Merkel. Sie distanzierte sich dabei, wie alle anderen Spitzenkräfte, von einer schwarz-grünen Koalition und gab das Motto „grün gegen Merkel“ für die Bundestagswahl aus. Jürgen Trittin zeigte hingegen eine sehr gewitzte und kämpferische Rede über „Schuldenkanzlerin Angela Merkel“, die noch längst keine Kraft der Mitte sei, nur weil sie sich zwischen Crazy Horst und Rainer Brüderle stelle.

 

Am späten Freitagabend schloss mit der Debatte zur Außenpolitik und dem Antrag…

 

Bereits um 8.30 Uhr hatten sich die Delegierten bereits wieder in der Kongresshalle eingefunden, so dass die Debatte zur Sozialpolitik starten konnte. Hierbei bewiesen die Delegierten ein gutes Händchen und Fingerspitzengefühl. Insbesondere beim Arbeitslosengeld II wurde ein Moratorium der derzeitigen Sanktionsmechanismen beschlossen. Ein Antrag, künftig auf sämtliche Sanktionen bei einer Verweigerungshaltung von einzelnen Arbeitslosen zu verzichten, wurde hingegen abgelehnt. Auf die derzeitigen demütigenden Repressionen soll jedoch verzichtet werden. Der Harz-IV-Satz soll demnächst auf 420 Euro steigen.

Auch bekräftigte die BDK den Beschluss zur Rente mit 67 aufgrund des demographischen Wandels und der längeren durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung. Allerdings soll eine Garantierente zur Bekämpfung der Altersarmut eingeführt werden. Diese soll bei Menschen greifen, die mindestens 30 Jahre gearbeitet haben und rund 850€ betragen.

Des Weiteren soll eine Grundsicherung für Kinder und ein Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt werden. Zur Sozialpolitik gehört aber auch eine gute Bildungspolitik oder die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen.

Dann kam es zu den mit Spannung erwarteten Vorstandswahlen nach der Urwahl. Hier zeigte sich, dass das Motto der BDK auch mit Inhalt gefüllt wurde: Man hält zusammen und lässt verdiente Politiker nicht einfach fallen. Nach ihrer deutlichen Niederlage bei der Wahl des Spitzenduos wurde Claudia Roth nach ihrer kämpferischen Rede demonstrativ mit 88 Prozent der Stimmen als Parteivorsitzende von Bündnis´90/ Die Grünen bestätigt; ebenso wie Cem Özdemir mit guten 83 Prozent. Auch die anderen Vorstandsmitglieder Steffi Lemke, Astrid Rothe-Beinlich, Malte Spitz und Benedikt Mayer wurden mit guten Ergebnissen im Amt bestätigt.

Auch am Samstagabend wurde es wieder spät, aber die Delegierten waren auch nach über 15 Stunden noch voll bei der Sache bis auch der letzte Antrag unter Verschiedenes ausdiskutiert und abgestimmt war. Es wurden unter anderem eine Angabe von CO2-Emissionen bei allen Fernverkehrsmitteln, die Einführung einer Kennzeichnungspflicht bei Verwendung von tierischen Bestandteilen und tierischen Produkten in Lebensmitteln, die Bekämpfung von Folter sowie eine Ablehnung von bewaffneten Drohnen bei der Bundeswehr beschlossen. Der Antrag zum Thema Beschneidung wurde in die Kommission zum Religionsverfassungsrecht verwiesen.

Am Sonntagmorgen wurde zuerst der Antrag zum Endlagersuchgesetz mit großer Mehrheit beschlossen. Bei der Suche eines Atommüllendlagers muss es die Möglichkeit geben, geologisch unsichere Orte, wie etwa Gorleben, bei der Suche auszuschließen und es darf keine Vorfestlegung geben.

Das zweite Hauptthema der BDK neben der Sozial- war die Europapolitik. Jürgen Trittin forderte zu Beginn des Parteitages ein europäisches Deutschland. Einmal mehr wurde deutlich, dass die Grünen Europa leben und wie viele Facetten die Debatte über Europa hat. Es wurde unter anderem die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, mehr Demokratie in Europa, die Finanztransaktionssteuer, die Umsetzung des Green New Deals und eine europäische Verfassung gefordert. Auch der Europa-Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Eine Übersicht über alle gefassten Beschlüsse finden Sie hier.

Mit Sicherheit kann die Gastrede von Uiko Hasegawa von den japanischen Grünen zu einem der Höhepunkte der BDK gezählt werden. Sie hielt eine bewegende Rede und tankte nach eigener Aussage Kraft für den Kampf gegen die Atomkraft in Japan. Während des gesamten Parteitages war eine Delegation der japanischen Grünen zu Gast.

Am Ende eines intensiven Parteitages fuhren die Delegierten motiviert nach Hause, um den schwarz-gelben zahnlosen Tiger 2013 von der Regierung abzulösen. Man konnte während der gesamten BDK das große Selbstbewusstsein der Grünen spüren. Manche Delegierte sprachen sogar von der besten je erlebten Bundesdelegiertenkonferenz.

Von

Uwe Zaar